Anhörung im Fraktionssaal der SPD am 11.11. 2010

Veröffentlicht am 14.11.2010 in Ortsverein

Experten stellen ihre Konzeption von moderner Familienpolitik vor

Situationsanalyse:
• stagnierende niedere Geburtenrate in Baden-Wttbg. (1,37 Kinder pro Frau) unter dem Bundesdurchschniit von 1,38, nur noch vor Staaten wie Ungarn, Rumänien, Slowakei
• differenzierte frühkindliche Förderung in Kindergärten (43 % kirchliche, 42 kommunale, 15 % freie Träger), aber:
die bundesweit geringste Quote an Ganztagesbetreuung für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren (10 % kirchlich und kommunal, 1/3 freie Träger)
• Ganztagesbetreuung nur an 9 % aller Grundschulen im Land (Bundesdurchschnitt 37 %)

• Frauenanteil an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung 44,8 % (viertletzte Stelle bundesweit); 68 % aller Frauen mit Kindern arbeiten, aber nur 30 % in Vollzeit; 1,5 Mill. Teilzeitbeschäftigte
• durch Armut gefährdete Gruppen: Alleinerziehende; 6 % aller Paarfamilien (davon 4 % Migranten)
• gender pay gap (Bruttostundenverdienst mit 28 % Unterschied zwischen Mann und Frau) am größten bundesweit (23 %, EU 17, 6 %)

Statements der Experten (Kinderschutzbund , Liga der freien Wohlfahtspflege, BM, Kirchen, Kinderschutzbund, Bundesanstalt für Arbeit, Landeselternbeirat, Arbeitgeberverband) / Übereinstimmungen:
• monetäre Situation für Familien muss sich verbessern
• infrastruktureller Rahmen ungenügend (s.o.),
keine Nachhaltigkeit auf der Seite der Kinderbetreuung + fehlende Verlässlichkeit im Sinne einer durchgängigen Betreuungskonzeption, z.T. Kompetenzwirrwarr
• deshalb vielfach enervierender Alltag bei
• entgrenzter Arbeitswelt, was für das Familienleben schädlich ist
• weitere familienfeindliche Tendenzen (z.B. Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse); befristete Arbeitsplätze hemmen die Entscheidung für Kinder
• Problemfeld Schule: gebundene Ganztagesschule bildungsgerechter, aber: dadurch u.U. zusätzliche Einschränkung des familiären Zusammenlebens; Zusammenarbeit mit den Eltern ausbauen, denn: Eltern bleiben trotz aller Maßnahmen in der Verantwortung

Abhilfevorschläge:
• wünschenswert wäre eine mehrdimensionale Betrachtung des Themas „Familienpolitik“ mit vorrangiger Fokussierung auf die Belange der Kinder: Familienpolitik ist eine Ressort überschreitende Querschnittsaufgabe
• Für eine neue Arbeitskultur mit „Recht auf Fürsorge“ im weitesten Sinne (Hilfe bei der Pflege alter und kranker Familienmitglieder nicht ausreichend)
• Entwicklung eines zusammenhängenden Betreuungskonzeptes flächendeckend (!)
• Kindergrundsicherung: bedarfsgerechte Gestaltung der Kinderregelsätze
• Erweiterung des Profils von Betreuungsangeboten, z.B. Aufbau kommunaler Bildungsorte; Familien und Nachbarschaftszentren (vgl. Landsprogramm!)
Abbau von „Negativanreizen“; deshalb Abschaffung des Ehegattensplittings zugunsten der Familienförderung (Beispiel Frankreich: quasi Steuerfreiheit bei 3 Kindern!); steuerliche Berücksichtigung haushaltsnaher Dienstleistungen, z.B. Haushaltshilfen
• Einigkeit aller: nicht letztes Kindergartenjahr kostenlos, sondern das erste, da hier der Grundstock gelegt wird und alle Kinder in den Kindergarten „gelockt“ werden sollen, damit frühzeitig sprachliche und soziale Förderung möglich ist
• Förderung von Tagesmüttern
• Schulsozialarbeit; dazu brauchen die Kommunen die Hilfe des Landes
• Bereich flexibler Arbeitsstätten noch ausbaufähig
• Erschließung des Potenzials von Migranten

Resumee:
Die Stärkung der Familie kann nur geschehen, wenn Beruf und Familie (im weitesten Sinne) in der Realität unter einen Hut zu bringen sind, denn Frauen und Männer haben ein Recht auf beides. Dazu bedarf es flächendeckend einer verlässlichen und qualitativen umfassenden Betreuungskonzeption. Diese zu entwickeln ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von Institutionen und Einzelnen in Kommunen und Land, wobei die Kommunen dringend finanziell durch das Land unterstützt werden müssen, um ihren Aufgaben nachkommen zu können.

Angela Madaus

 

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