Sozialdemokratische Antworten auf die Finanzkrise

Veröffentlicht am 11.12.2011 in Arbeitsgemeinschaften

Lothar Binding, MdB und Finanzexperte der SPD-Bundestagsfraktion, analysierte in der Sitzung des Landesvorstands der SPD 60 + am 6.12.2011 die aktuelle Krise und machte sozialdemokratische Lösungsvorschläge.

Sicherungen gegen Risikoausfallwahrscheinlichkeit:
Basel I: Weil im Durchschnitt 8 % aller Kredite ausfallen, muss die Bank Eigenkapital in Höhe von mindestens 8 Prozent der Kreditsumme zurück behalten (Basler Eigenkapitalvereinbarung von 1988)
Basel II differenziert die Eigenkapitalanforderungen stärker am tatsächlichen Risiko (´gute´ Kunden zahlen niedrigere Zinsen, Kunden, deren Kredit mit einer höheren Ausfallwahrscheinlichkeit eingestuft wird, mehr)
Basel III: Soll bis 2019 eingeführt werden. Dabei geht es um die Qualität des Eigenkapitals, um so genanntes Kernkapital, bei Aktiengesellschaften wird es aus dem eingezahlten Gesellschaftskapital und den Gewinnrücklagen gebildet.
Die so genannte Eurokrise ist keine Krise des Euro, weil sowohl sein Binnenwert als auch sein Außenwert höher ist als im Vergleich zur DM. Es handelt sich in Wahrheit um ein Konglomerat folgender Krisen:
1. Bankenkrise,
a) als Solvenzkrise (nur in den USA (subprime = Schrottkredite)
b) Liquiditätskrise (in der EU, insbesondere auch in D)
2. Staatsverschuldungskrise graduell sehr unterschiedlich in den Ländern
3. Marktversagenskrise , weltweit, ausgelöst durch Risikokonzentrationen (Klumpen)
4. Verhaltenskrise von Bankern, Ratingagenturen, Managern, Börsenhändlern, Regierungen, Aufsichtsräten
Exemplifizierung am Beispiel D´s:
• In D: 2 Billionen Schulden = 81 % des BIP
Zum Vergleich: EU 85 % Staatsverschuldung, USA 100 %, Japan 230 %, Griechenland 170 %, Italien 120 %. – Warum wird aber dann z.B. nicht gegen den Yen (¥, Japan) spekuliert? –

Zusammenhang mit anderen Faktoren:

• D 10 % Sparquote, (USA 0,1 %, lange Zeit negativ) sehr ungleich verteilt (Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer) – D finanziert sich stark bei seinen Bürgern; in Kombination mit sinkenden Reallöhnen: relativ schwache private Binnennachfrage

• Außenhandelsbilanz: Exportüberschuss in D: das ist ein Grund, warum Griechenland bei uns Schulden hat: es muss für seine Importe aus D Geld bezahlen, Geldabfluss, fehlendes Geld für Investitionen. Da der Euro die gemeinsame Währung ist, fallen „währungsinduzierte Ausgleichsmechanismen“ wie Auf- oder Abwertung weg.

• Problem bei Verbriefungen von Krediten und Versicherungen (CDS-Markt). Verkauf von Paketen, die von Rating Agenturen taktisch bewertet werden durch Tranchierung dieser Pakete, so dass es gute, mittlere und schlechtere Tranchen gibt (AAA, BBB bis Schrott). So scheinen Teile von toxischen Papieren werthaltig und sind verkäuflich.

Frau Merkel hat die Krise verschärft, weil durch ihr Zögern die Zinsen in die Höhe geschnellt sind und z.B. Griechenland vollends in die Enge getrieben und die Rating Agenturen Griechenland als schlechten Schuldner eingestuft haben.

Politische Antwort der SPD:
• Befürworten Basel III mit einer höheren Eigenkapitalunterlegung
• Banken und Finanzinstitute sollen 20 % „Selbstbehalt“ der tranchierten bzw. toxischen Pakete halten. Dann lohnt sich die Entwicklung toxischer Produkte nicht mehr und es gibt keine Liquiditätskrise mehr. (Die CDU akzeptiert maximal nur 10 %, laut Binding zu wenig.)
• Trennbankensystem: Banken trennen in Geschäftsbanken und Investmentbanken. Spekulative Geschäfte werden durch den „Selbstbehalt“ drastisch erschwert, Geschäfte mit Leerkäufen belasten die Sparer bzw. Einleger und Steuerzahler nicht mehr. Es muss ein Ende sein mit dem Prinzip: Gewinn wird privatisiert, Verluste werden sozialisiert.
• Konditionierte (mit Auflagen versehene) Eurobonds nach dem Prinzip: die EU haftet unbeschränkt! Damit nimmt man den Spekulanten, die auf fallende oder steigende Kurse spekulieren, den Wind aus den Segeln, denn sie wissen nicht mehr, wie hoch ihr Risiko tatsächlich sein kann, gegen die sie spekulieren!
• Finanztransaktionssteuer
• Regulatorische Maßnahmen zur Verhinderung von Fehlanreizen bei der Vergütung (Boni) – wer schlechte Arbeit macht, was man erst in Zukunft sehen kann, erhält seine Boni aus einem Topf – nach Prüfung des Arbeitserfolgs
• Dauerhafte Außenhandelsüberschüsse abbauen (z.B. auch durch Mindestlöhne)

Angela Madaus 6.12.2011