Leserbrief von Angela Madaus an den Reutlinger General-Anzeiger zum Interview mit Norbert Röttgen (im GEA am 12.8.09)

Was ist daran "reißerisch", eine Zielvorgabe zu machen? Ob es dazu der Zahl 4 Millionen bedurfte, lasse ich dahin gestellt. Und dass der Staat nicht Arbeitsplätze schaffen kann, ist auch klar. Steinmeier hat im Übrigen nie behauptet, das tun zu wollen. Wie Herrn Röttgen geht es Steinmeier um die "Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft", nur ist dazu inhaltlich von der CDU derzeit immer noch nichts zu erfahren, während das SPD-Programm die politischen Rahmenbedingungen für diese Erneuerung konkret beschreibt: Kapitalzugang für den Mittelstand und Existenzgründer, Regelungen für die Finanzmärkte, Aktionsplan érneuerbare Energien´(bis 2030 die Hälfte der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien), kurz: "Effizienztechnologien" (Rede Steinmeiers am 3.August in Berlin), Atomausstieg (nicht Verlängerung von Laufzeiten) - der fairmess wegen möchte ich zugeben, dass derzeit weder die SPD, noch die CDU das heiße Eisen der Endlagerung in den Fokus stellen, wohl wissend, dass sie horrende Summen kostet! - , Modernisierung von Kohle- und Gaswerken, um den CO 2 Ausstoß zu senken, gesetzlicher Mindestlohn mit der Orientierungsmarke 7,50 € (für unser Nachbarland Frankreich z.B. längst Realität, für die CDU aber kein vordringliches Thema), Reduzierung der Schulabbrecherquote von derzeit ca. 10 % , (bei diesem Thema sind auch die Länder in die Pflicht zu nehmen!), Berufsausbildungsgarantie, Wiedereinführung des Schüler-Bafoeg, kurz: mehr soziale Gerechtigkeit durch Abbau finanzieller Bildungshürden, usw. und so fort. Alles nachzulesen im Regierungsprogramm. Die Crux ist nur: keiner tut es, auch Journalisten nicht unbedingt. Man schießt sich auf die Zielvorgabe ein, um sich mit den Details nicht auseinanderzusetzen. Wie bemerkt doch Markus Feldenkirchen im "Spiegel" dieser Woche so richtig: "Die Demokratie in Deutschland leidet an der Faulheit ihrer Teilnehmer. Es ist viel leichter, über Dienstautos zu reden als über die Arbeit der Zukunft. Man benötigt keine Vorbildung, muss nichts gelesen haben, braucht keine eigenen Gedanken. (...) Man braucht nur einen Bauch, und den hat jeder."

Offensichtlich setzt die CDU einzig und allein auf den Kanzlerinnen-Bonus, auf Frau Merkels Popularität. Inhaltlich sehe ich nur 2, bezeichnenderweise auch von Herrn Röttgen genannte Vorgaben, Mehrwertsteuererhöhung + Steuersenkung, wobei die Erhöhung der Mehrwertsteuer alle, Arme und Reiche gleichermaßen trifft, die Steuersenkung aber in ihrer konkreten Ausgestaltung ( dazu bisher zumindest öffentlich noch kein Wort!) aber sehr unterschiedlich spürbar sein wird. Wem soll sie bitte zugute kommen? Hier darf spekuliert werden. Vielleicht wird ja Frau Merkel im September, kurz vor der Wahl, im Duell mit Herrn Steinmeier konkreter!