Panama-Papers – oder : Reichen die deutschen Steuergesetze aus um Geldwäsche und Steuerbetrug zu verhindern?

Veröffentlicht am 20.09.2016 in Allgemein

Lothar Binding MdB (Links) mit den Ortsvereinsvositzenden Susanne Stetter und Hans-Georg Kruse

Panama in Pliezhausen, Walddorfhäslach und Altenriet? Das

passt gut zusammen, hatten doch Susanne Stetter für die SPD

Pliezhausen/Walddorfhäslach und Hans-Georg Kruse für die SPD

Altenriet den finanzpolitischen Sprecher der SPD-

Bundestagsfraktion Lothar Binding zum Thema „Panama-Papers“

eingeladen. Für die Teilnehmer war es ein sehr interessanter und

lehrreicher Vortrag. Viele junge Teilnehmer diskutierten mit. Die

Besucher waren aus dem Kreis Reutlingen und dem Raum

Nürtingen gekommen.

Nach der Begrüßung durch die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins

Susanne Stetter und Hans-Georg Kruse vom SPD-Ortsverein Altenriet

bot Lothar Binding, wie landesweit bekannt mit Flipchart unterwegs,

eine höchst unterhaltsame Lehrstunde zum Thema legale und illegale

Steuersparmodelle. Zunächst erläuterte SPD-MdB L. Binding die

Werkzeuge, die viele Konzerne benutzen um Gewinne dorthin zu

verschieben, wo die Steuern minimal sind. Die Gäste vom SPD-

Ortsverein Pliezhausen-Walddorfhäslach und des SPD-Ortsvereins

Altenriet, wie auch andere Gäste waren erstaunt über die vielfältigen

Möglichkeiten, Unternehmenssteuern zu sparen: Patentboxen

(Gewinnverlagerung durch Lizenzverträge, Niederlande), taxruling

(gewinnunabhängige Steuervereinbarungen, Luxemburg), kreative

Nutzung von Doppelbesteuerungsabkommen (im Ergebnis eine

Doppel-Nichtbesteuerung) und eben Briefkastenfirmen, wie in

Panama. Aber auch durch Zinszahlungen an das eigene

Tochterunternehmen im Ausland oder mittels konzerninterner

Geschäfte (Verrechnungspreise) lassen sich Steuern vermeiden, weil

sich für jede Form der Gewinnverschiebung ein Land finden lässt, das

bestimmte rechtliche oder steuerliche Vorteile anbietet. Steuertricks,

legal aber nicht legitim, seien also hauptsächlich auch ein Problem der

Staaten, die sich in Konkurrenz zueinander bringen lassen –

schließlich „zum Nachteil aller Staaten und zur Bereicherung weltweit

agierender privater Konzerne.

Dem deutschen Staat gehen auf diese Weise jährlich viele Milliarden

Euro verloren. Geld das fehlt für Straßen, Schulen, Polizeibeamte, für

Soziales und Kultur und natürlich auch zum Nachteil der ehrlich

zahlenden Unternehmen.

Weil dort Firmeneigner nicht offengelegt werden müssen, konnte eine

einzige Rechtsanwaltskanzlei in Panama mehr als 200.000

Scheinfirmen ohne einen einzigen Arbeitnehmer anmelden. Fast alle

großen Konzerne und Banken betreiben ein Geflecht von

durchschnittlich 15 Tochter-, Enkel-, Urenkel- bis hin zu Ur-Ur- Ur-

…Enkel-Unternehmen, in jeweils unterschiedlichen Ländern, und

jedes einzelne nur gegründet, um die örtlichen Steuervorteile

auszunutzen. Mit solchen Konstruktionen lassen sich Geldströme

hervorragend verschleiern.

Gegenmaßnahmen sind kompliziert, endet die Reichweite deutscher

Gesetze doch naturgemäß beim Grenzübertritt des Geldes. Auch gilt

es, Regelungen EU-konform zu gestalten, z.B. wenn es darum geht,

„gute“ Zinszahlungen (für echte Kredite an deutsche Banken) von

„schlechten“ (Zinszahlungen an eigene Tochterunternehmen im

Ausland zur Gewinnverlagerung) zu unterscheiden.

Als wichtigste Maßnahmen nannte Lothar Binding neben dem

sogenannten Anti-BEPS- Projekt die sogenannte Quellenbesteuerung,

sowie die Besteuerung von verlagerten Gewinnen in ausländische

passive Gesellschaften im Land des Firmensitzes und die

Hinzurechnungsbesteuerung. Für beide Vorschläge gibt es derzeit

keine politische Mehrheit. Für bessere Vergleichbarkeit der

Steuersätze in Europa soll die Vereinheitlichung der

Bemessungsgrundlage sorgen; eine Harmonisierung der Steuersätze

selbst ist dagegen in den Europäischen Verträgen ausdrücklich nicht

vorgesehen.

BEPS bedeutet dabei Base Erosion and Profit Shifting, also die

Verkürzung der Bemessungsgrundlage durch Verlagerung des

Gewinns. Das Anti-BEPS Projekt der OECD ist ein 15 Bücher

umfassendes Gesamtwerk zur Verhinderung der internationalen

Steuergestaltung. „Das gilt es nun in nationales Recht umzusetzen“ so

Binding mit dem Hinweis darauf, dass Schäuble das Projekt zwar

verbal unterstütze, sich aber schwer tue, wenn es um die konkrete

Umsetzung in Deutschland gehe. Gegen Ende der Veranstaltung kam

noch eine lebhafte und interessante Diskussion über

Steuerhinterziehung, also Steuerbetrug auf. Dabei ging es auch um

Kassenmanipulation, Kassenpflicht und Belegausgabepflicht,

Themen, die nicht dem freien Markt geopfert werden dürfen, so

Susanne Stetter, die im Namen der Ortsvereine als kleines

Dankeschön für den Referenten eine Ziege für eine Familie in

Mosambik, einem der ärmsten Länder der Welt, spendete.

 

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