Bildungspolitik – Was bedeutet überhaupt der Schultyp Werkrealschule und wie hat sich Walddorfhäslach entschieden?

Veröffentlicht am 29.12.2009 in Gemeindenachrichten

Erfolgreich arbeitende Hauptschule in Walddorfhäslach

Was ist unter einer Werkrealschule genau zu verstehen?
Die neue Werkrealschule ist der baden-württembergische Versuch, die Hauptschule dadurch aufzuwerten, dass sie um ein verbindliches zehntes Schuljahr erweitert wird. Der Notendurchschnitt nach Klasse 9 muss mindestens 3,0 betragen. In der Werkrealschule erhalten die Schüler jeweils zwei Stunden pro Woche mehr Unterricht. Im neuen Typ Werkrealschule gibt es neue Wahlpflichtfächer. Gewählt werden kann zwischen Natur und Technik, Wirtschaft und Informationstechnik und Gesundheit und Soziales.
Die Werkrealschulen gab es auch bisher bereits. Es handelte sich dabei um einzelne Hauptschulen, die besonders leistungsstarken Schülern ein 10. Schuljahr mit Aussicht auf den Realschulabschluss anboten. Beim alten Schultyp Werkrealschule musste man einen Durchschnitt von 2,4 haben

Was ist an einer Werkrealschule anders als bislang?
Die neue Werkrealschule ist ein auf sechs Schuljahre durchgängig angelegter Bildungsgang, der stark mit der Berufsschule kooperiert. In der neuen Werkrealschule sollen mehr Jugendliche den mittleren Bildungsabschluss machen und besser auf die Arbeitswelt vorbereitet werden. Die Regierung verschleiert aber, dass dadurch die Klassenstärke extrem steigt und viele Hauptschulen geschlossen werden.

Welche Hauptschulen können überhaupt Werkrealschule werden?
Alle Hauptschulen, die mindestens zweizügig sind, können zur Werkrealschule neuen Typs ausgebaut werden, die Frage nach Qualität stellt sich nicht – es ist lediglich eine Frage der Schülerzahlen. Hauptschulen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen oder sich gegen die Werkrealschule entscheiden, bleiben weiter bestehen, außerdem werden die Hauptschulen mit dem gleichen Bildungsplan arbeiten wie die neuen Werkrealschulen.
Die endgültige Entscheidung, ob dies passieren soll oder nicht, liegt beim Schulträger, also der jeweiligen Stadt oder Gemeinde.
In Baden-Württemberg gibt es 1200 Hauptschulen. 700 davon sind einzügig und erfüllen somit nicht die Voraussetzungen für die Werkrealschule. Sie können nur über „Kooperationen“ mit anderen Hauptschulen diese neue Schulart anbieten.

Wann soll es mit der neuen Werkrealschule denn losgehen?
Die neue Schule soll mit dem Schuljahr 2010/2011 starten. Der Einstieg, um diese neue Schulform umzusetzen, geschieht in den Klassen 5 bis 8, also logischerweise in den unteren Klassen. Die ersten Jungen und Mädchen, die auf diese Werkrealschule mit dem verbindlichen zehnten Schuljahr gehen, werden ihren Abschluss am Ende des Schuljahrs 2012/2013 machen.

Welchen Abschluss gibt es an der Werkrealschule?
Der Abschluss soll gleichwertig mit dem Abschluss der Mittleren Reife an der Realschule sein. Den erfolgreichen Abschluss an der Werkrealschule in der Tasche, können die Schüler das erste Jahr an der Berufsfachschule überspringen oder auf ein berufliches Gymnasium wechseln.

Was wird aus den Hauptschulen?

Für die Hauptschulen im Land gibt Kultusminister Helmut Rau eine Bestandsgarantie. Allerdings will die Landesregierung die Städte und Gemeinden zur Kooperationen bewegen. Ob dies gelingt, bleibt allerdings fraglich, denn eine eigenständige Hauptschule am Ort zu haben, ist für zahlreiche Kommunen ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor.

Walddorfhäslach spricht sich einstimmig für Erhalt der einzügigen Hauptschule am Ort aus
»Wir wollen, dass die Gustav-Werner-Schule weiter als eigenständige Hauptschule geführt wird«, legte sich Bürgermeisterin Silke Höflinger in der Gemeinderatssitzung am 26.11.2009 eindeutig fest. Auch die Bürgervertreter stellten sich am Donnerstag geschlossen hinter sie. Zudem wollen Verwaltung und Schule nun zusätzlich noch einen Antrag für das 10. Werkrealschuljahr stellen.
Seit Jahren sorgt die einzügige Gustav-Werner-Schule in Walddorfhäslach für positive Schlagzeilen. Regelmäßig finden alle Schulabgänger eine Lehrstelle oder gehen in eine weiterführende Schule. In bundesweiten Wettbewerben hat die Hauptschule schon einige Preise eingeheimst und dabei prominente Fürsprecher, wie Ex-Ministerpräsident Lothar Späth, gewonnen.
Und noch etwas kann Rektor Ralf-Michael Röckel vorweisen: »Wir sind wahrscheinlich eine der wenige Hauptschulen im Unteramt und im Nordraum von Reutlingen mit steigenden Schülerzahlen.«
»Diese Zahlen sprechen für sich. Deshalb darf die fehlende Zweizügigkeit kein Totschlag-Argument sein«, kritisiert der Walddorfhäslacher Schulleiter und Gemeinderat die Bildungspolitik des Landes. Er kann nicht verstehen, dass sich ab 2010/2011 alle zweizügigen Hauptschulen Werkrealschule nennen dürfen und einen mittleren Bildungsabschluss anbieten können - »und das ganz ohne Qualitätsnachweis«. Er fordert dagegen Chancengleichheit für die leistungsbereiten Schüler einer einzügigen Hauptschule ein. Auch sie »müssen die Möglichkeit für einen mittleren Bildungsabschluss am Wohnort haben«.
Die Gustav-Werner-Schule sei sehr gut ausgestattet und personell und pädagogisch sehr gut aufgestellt. Die Anziehungskraft der Schule werde immer größer. Knapp 20 Prozent der Schüler kämen inzwischen von außerhalb, beispielsweise aus Altenriet oder Pliezhausen.
Die Schule habe seit Jahren ein »hervorragend funktionierendes Konzept zur Berufsfindung«, hebt der Rektor hervor, was er noch mit aktuellen Zahlen untermauert: Derzeit sind »bereits zwölf von 18 Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse trotz Wirtschaftskrise versorgt«.
»Wir haben ein sehr großes Interesse, dass die Hauptschule am Ort bleibt«, ist auch Olfert Alter, FWV-Gemeinderat und zweiter Vorsitzender des Gewerbevereins Walddorfhäslach, der Auffassung. Er habe nur beste Erfahrungen mit den Schülern der Gustav-Werner-Schule gemacht. Von ihnen kämen immer perfekte Bewerbungsschreiben und auch während der Praktika seien die Betreuung und der Kontakt von Seiten der Schule hervorragend. »Das haben wir auch schon anders erlebt«, erklärte Alter mit Blick auf einige Schüler von außerhalb.

Weitere Informationen:
http://www.geb-pforzheim.de/gebhome/news2/19.05.2009/Landeselternbeirat-BW_Neue_Werkrealschule_bringt_keine_Vorteile_nur_Nachteile.pdf

http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,592913,00.html

http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=5747238/50zf4f/index.html

http://www.frankmentrup.de/index.php?nr=27155&menu=0

 

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